Gerichtstermine machen Hoffnung

Gleich zwei Mitglieder der LEG-Mieter*innen-Initiative Münster standen am Donnerstag (5. März) vor dem Kadi. Die Amtsrichterin musste zunächst über die Rückforderung einer vierstelligen Nebenkostennachzahlung und über eine bestrittene Modernisierungsmiterhöhung verhandeln.

Im März vergangenen Jahres hatte die LEG einer heute 73-jährige Mieterin aus der kleinen Bahnhofstraße in Münster fristlos gekündigt. Fast 50 Jahre wohnt sie damals schon dort. Auslöser waren zehnprozentige Mietkürzungen durch die Mieterin wegen Abrissarbeiten unmittelbar neben der Wohnung. Als die Belästigung durch den Abriss des ehemaligen Postgebäudes für die Anwohner unerträglich geworden war, kürzte die Mieterin in Absprache mit ihrem Mieterverein die Miete auf 90 Prozent.

Die modernisierten LEG-Häuser in der kleinen Bahnhofstraße in Münster.

„Schon früh morgens um sechs Uhr legte der Abrissbagger los. Manchmal lärmte es bis zum Abend durch“, erklärte die Mieterin am Donnerstag bei der Güteverhandlung im Amtsgericht. Nachbarn und Verwandte, die gleichfalls in der kleinen Bahnhofstraße wohnen und die Mieterin in ihrem juristischen Kampf Beistand gewährten, riefen der Richterin von der Zuhörerbank zu: „Das Geschirr schepperte im Schrank!“

Die LEG forderte die Mietkürzung zurück. Schließlich erfolgte am 18. März 2019 sogar die fristlose Kündigung der Wohnung durch den Vermieter. Dabei erklärte die LEG, dass die Rentnerin „noch eine letzte Chance … habe, wenn wir von Ihnen bis zum 24. März 2019 den Gesamtbetrag erhalten.“

Verunsichert durch diese LEG-Aktion zahlte die Rentnerin rund 1800 Euro nach, musste dafür aber ihr Konto bei der Bank überziehen. Die Kündigung war zumindest mit der Zahlung abgewehrt. Nach Kontakt mit der LEG Mieter*innen-Initiative beschloss die Mieterin, da sie nur unter dem Druck der Kündigung gezahlt hatte, sich das Geld möglichst von der LEG zurückzuholen. Vermittelt durch die Inititiative nahm deren Mitglied Rechtsanwalt Paul Demel sich der Angelegenheit an.

Das Geld steht der LEG nicht zu!

Rechtsanwalt Paul Demel

„Rechtmäßiger Weise steht das Geld der LEG nicht zu. Die LEG sieht das inzwischen zum Teil auch selbst schon so“, erklärte Paul Demel, dass bereits vor der Gerichtsverhandlung die Rückzahlung von 509 Euro anerkannt worden sei. Aus den Hinweisen der Richterin in der Verhandlung und den Andeutungen des LEG-Anwaltes darf die Rentnerin nun Hoffnung schöpfen, bald die gesamten 1800 Euro wieder zur Verfügung zu haben.

Auch im zweiten Streitpunkt läuft es für die LEG-Mieterin positiv: Nach Abschluss von Modernierungsarbeiten in der kleinen Bahnhofstraße wurde die Miete der Rentnerin um 156,65 Euro erhöht. Tatsächlich waren aber nicht alle in der Modernisierungsankündigung aufgeführten Maßnahmen auch durchgeführt worden. Trotzdem scheinen zumindest in Teilen Kosten auch für eine nicht abgeschlosse Wärmedämmung des Hauses in die Mieterhöhung eingeflossen zu sein. „Dies ist nicht rechtens, da der Dämm-Effekt (und damit auch die Kosteneinsparung und der Umweltschutz) nicht eintreten können“, verdeutlichte Rechtsanwalt Paul Demel vor der Amtsrichterin: „Es ist wie bei einer Thermoskanne ohne Deckel – die Decke des Obergeschosses und das gesamte Spitzdach sind nicht gedämmt.“

Der LEG-Anwalt bestritt diese Ausführungen grundsätzlich nicht, weshalb in rund drei Wochen entweder mit einem für die Mieterin günstigem Urteil oder zuvor dem außergerichtlichem Einlenken und der Zahlung durch die LEG zu rechnen ist.

Bis zu sechs Spuren hat die Grevener Straße in Höhe der Wohnung des Beklagten.

Im zweiten Verfahren ist Werner Szybalski, einer der Sprecher der LEG-Mieter*innen-Initiative und Mitglied des LEG-Kundenbeirats, Beklagter seines Vermieters. Nach der Veröffentlichung des neuen Mietspiegels für Münster im Frühjahr 2019 wollte die LEG auch für die Wohnung von Szybalski in der Grevener Straße eine Mieterhöhung durchsetzen. Die Erhöhung wurde mit Schreiben vom 25. Juni 2019 für den 1. September 2019 angekündigt. Begründet wurde die Mieterhöhung unter anderem mit der guten Wohnlage (Lagequalität).

So wurde unter anderem das Gelände der Westfälischen Landesklinik als „öffentliche Grünflächen im Umkreis“ und die Flächen vor den Einfamilienhäusern an der Grevener Straße gegenüber der Feuerwache und des Möbeldiscounters als „Vorgärten im Umkreis“ von der LEG als Standortvorteile der Wohnung von Szybalski gewertet, was Zuschläge in Höhe von drei Punkten auf die ortsübliche Vergleichsmiete erlaube.

Die paar Grünstreifen an der Grevener Straße (beim Ausrufezeichen) zwischen Dreifaltigkeitskirche und dem LEG-Komplex in dem Werner Szybalski lebt sowie die Freiflächen rund um die Gebäude der Landesklinik sollen nach Aufassung der LEG zu Mieterhöhungen führen, da sie den Wohnwert in der ersten Etage an der Grevener Straße 144 (blauer Trophen mit Haussymbol) erhöhen würden. (Karte: www.google.de)

Unter anderem dagegen wehrte sich Werner Szybalski, der mit Unterstützung des Mieter/innen-Schutz-Vereins am 16. August 2019 einen schriftlichen Widerspruch zur LEG Wohnen Service GmbH nach Düsseldorf schickte. Dieses Schreiben blieb bis heute übrigens unbeantwortet.

Dafür gab es kurz nach dem Absenden ein unpersönliches „Erinnerungsschreiben“ (Datum: 16.08.19) mit der erneuten Aufforderung bis zum 31. August 2019 der Mieterhöhung zuzustimmen.

Dann war lange Funkstille. Am 5. Dezember 2019 lag dann ein gelber DIN A 5-Umschlag des Amtsgerichts Münster im Briefkasten an der Grevener Straße 144. Darin eine Klage der Eigentümerin Wohnungsgesellschaft Münsterland GmbH (WGM) „wegen Abgabe einer Willenserklärung“. Mit Hinweis auf den Inhalt des Ankündigungsschreibens sollte per Gericht die von der LEG geforderte Mieterhöhung erzwungen werden.

Ich finde es sehr befremdlich, dass unser Vermieter / Verwalter nicht auf persönliche Widerspruchschreiben der Mieter reagiert, sondern ein Vierteljahr später unangekündigt einfach Klage bei Gericht einreicht. Für ein harmonisches Miteinander von Mieter und Eigentümer spricht dies nicht gerade.

Werner Szybalski

Natürlich änderte das unpersönliche Vorgehen der LEG-Mitarbeiter und -Vertreter nichts an der Rechtsaufassung von Werner Szybalski, der die Klageschrift erwiderte und auf mündliche Verhandlung bestand. In dieser am 5. März zeigte sich die Richterin des Amtsgerichts Münster sehr gut vorbereitet. Sie hatte sogar die Örtlichkeiten persönlich in Augenschein genommen.

In der deutlich kürzeren Verhandlung als zuvor, machte die Richterin klar, dass aus ihrer Sicht, vieles für die Aufassung des Beklagten und damit gegen eine Mieterhöhung spreche. Der Rechtsanwalt der LEG bat Szybalski daraufhin, ebenfalls auf Anträge zu verzichten. Er wolle mit dem Hinweis der Richterin Rücksprache mit der LEG nehmen.

„Ich persönlich gehe jetzt davon aus, dass die LEG die Klage und auch das Ansinnen mit dieser Begründung meine Miete anzuheben, aufgeben wird“, zeigte sich Werner Szybalski erleichtert nach der Gerichtsverhandlung. Im vergangenen Jahr hatte die LEG schon einmal eine Klage gegen Szybalski, damlas sogar vor dem ersten Verhandlungstermin, auf eigene Kosten zurückgezogen.

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*