Aus Mietern sollen Kunden werden

Werner Szybalski, einer der Gründer der LEG-Mieter*innen-Initiative Münster, ist vom Vorstand der LEG Immobilien AG in den neu gegründeten „Kundenbeirat“ eingeladen worden, der jüngst in der LEG-Zentrale in Düsseldorf erstmals zusammentrat und zukünftig quartalsweise tagen soll. Neben dem Münsteraner sind sieben weitere LEG-Mieter unter anderem aus Bergkamen, Dortmund, Düsseldorf, Witten und Wuppertal zur Gründung des Kundenbeirats erschienen.

Werner Szybalski. (Foto: Jan Große Nobis)

„Dieser konzernweite Kundenbeirat ist durchaus kritisch zu sehen, denn zugleich schafft die LEG lokale Mieterbeiräte, wie zum Beispiel im Oktober in Dortmund-Scharnhorst, ab. Zudem wird durch die Namenswahl die neue Unternehmensphilosophie deutlich. Aus Mietern sollen Kunden der Ware Wohnraum werden“, verdeutlichte Szybalski nach der Sitzung.

Unter Leitung des Operativen Vorstands der LEG Immobilien AG, COO Dr. Volker Wiegel, wurden in der Beiratssitzung die „besonders engagierten Kunden“ (LEG) über die bevorstehende Gründung einer neuen LEG-Stiftung namens „Dein Zuhause hilft“ informiert. „Grundsätzlich ist es zu begrüßen, wenn auch Aktienunternehmen sich sozial engagieren. Doch die bereitgestellten 16 Millionen Euro kommen nicht von den Aktionären, sondern müssen von den LEG-Mietern aufgebracht werden. Nur die hat keiner gefragt, ob sie dies überhaupt wollen“, kritisierte Werner Szybalski.

Schwerpunktmäßig soll die neue Stiftung nach Unternehmensangaben Hilfestellung für Kinder „aus herausfordernden Verhältnissen“ bieten, Beratung in finanziellen Angelegenheiten – vor allem für Schuldner –, Senioren im Wohnalltag begleiten, Betreuungsangebote für Familien vermitteln und beratend bei Krankheit und Sucht tätig werden.

Am Rande waren auch die relativ neuen Aktivitäten des ehemals landeseigenen Wohnungsunternehmens Thema im Kundenbeirat. Die LEG möchte gern Rundumversorger für ihre Mieter werden. So sammelt die LEG – unter anderem am Berg Fidel – schon Altkleider ein. Zukünftig möchten sie durch dem Konzern angegliederte Firmen auch ihre Mieter mit Energie versorgen und sogar die Pflege von hilfsbedürftigen Mietern übernehmen.

Derweil sorgen die LEG-Mieter durch ihre monatlichen Zahlungen an das Unternehmen für glänzende Augen bei den Aktionären. Wie im Quartalsbericht des Unternehmens deutlich wurde, konnte die LEG durch Mietsteigerungen und Wohnungszukäufe ihren operativen Gewinn im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um sieben Prozent auf 259,1 Millionen Euro steigern. Der LEG-Vorstand bestätigte die Jahresprognose, die einen operativen Gewinn zwischen 338 und 344 Millionen Euro vorsieht.

Diese Erwartung fußt auch auf den ständigen Mietsteigerungen. Diese sind um 2,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf durchschnittlich 5,82 Euro pro Quadratmeter gestiegen. In den Toplagen, dazu gehört auf Rang drei der LEG auch Münster, werden schon häufig Mietzinsen von über zehn Euro pro Quadratmeter erzielt.

Für 2019 wollen der Vorstand und der Aufsichtsrat der Hauptversammlung eine Dividende von 3,60 Euro pro Aktie vorschlagen. 2018 hatte sie bei 3,53 Euro gelegen. Bis Jahresende will die LEG mindestens 7000 Wohnungen hinzugekauft haben, von 2700 hat sie sich getrennt.

„Trotzdem macht die LEG mit ihren Zu- und Verkäufen deutlich weniger Gewinn als zum Beispiel der Mitbewerber Vonovia. Auf meine Nachfrage im Kundenbeirat erklärte Dr. Volker Wiegel, dass dies am Zustand der veräußerten Immobilien läge“, berichtete Szybalski.

4 Kommentare

  1. Danke für Dein Engagement, Werner. Bleibt zu hoffen,dass die Mitarbeiter den wünschenswerten Wandel- Ansatz rasch verinnerlichen und damit auch den Servicegedanken entwickeln, der für ein freundlicheres Miteinander höchst hilfreich wären.
    Viele Grüße an unsere Mitstreiter
    Dieter Buth

  2. Lieber Werner, auch von mir vielen Dank für Deinen Einsatz!

    Man sollte aber noch einmal hinzufügen, dass ein „Die LEG möchte gern Rundumversorger für ihre Mieter werden.“ nichts anders bedeutet, als dass sie sich noch stärker an den Mietern bereichern wollen:
    Altkleidersammlung ist ein durchaus lukratives Geschäft. Die Altkleider der LEG zu geben bedeutet, dass man diese Gelder gemeinnützigen Organisationen (wie z.B. Aqua in Nottuln, die den Container an der Korte Ossenbeck aufgestellt haben) wegnimmt. Das bedeutet halt auch, dass dann integrative Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen wegfallen werden.

    Das gleiche gilt auch für andere „Insourcing“-Dienstleistungen: Energie ist halt ein wunderbares Zusatzgeschäft – genau so Pflege. Ich kann mir ja kaum etwas schlimmeres vorstellen, als Pflegeleistungen von einem derart Profitorientierten Konzern wie der LEG zu erhalten. Da bekommt der Pflegenotstand ja gleich ein ganz neue Dimension des Grauens. – Vor allem, wenn ich an den sonstigen Umgang mit Mietern im Allgemeinen denke…

    Ich schätze, man sollte da wirklich bei bleiben, dass die Mieter für die LEG in aller erster Linie Zitronen zum auspressen sind.

  3. Mein erster Gedanke: Wenn man auf derartige Angebote einsteigt, macht man Dracula zum Hüter der Blutbank! Wenn schon das Kerngeschäft „vermieten“ nicht durch ein vernünftiges Miteinander klappt, wie soll das bei den angebotenen Dienstleistungen gehen?

  4. Um Gottes willen – so sensible Informationen über Mieter*innen wie die finanzielle und/oder gesundheitliche/psychosoziale Lage – das kann nicht gut gehen. Auf keinen Fall!
    Lieber sollte die LEG die Steuern zahlen, zu denen sie verpflichtet ist, damit die zuständigen Behörden der jeweiligen Kommune gut ausgestattet und handlungsfähig sind und ihre Arbeit gut machen können…..

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