Lebendiges Straßenfest am Breul – Fluchtwege freihalten!

Zum 21. Mal luden die Bewohner*innen des Breul und der Tibusstraße am Samstag (24. August) zum Straßenfest. In diesem Jahr stand das bunte Treiben vor den ehemals erkämpften Wohnhäusern unter dem doppeldeutigen Motto „Fluchtwege freihalten!“. Sollte das lebendige Fest Gewinne abwerfen, wird dieser dem Verein „Sea-Watch“ gespendet, der sich der zivilen Seenotrettung von Geflüchteten verschrieben hat.

Der Veranstalter, der Verein zur Erhaltung preiswerten Wohnraums (VzEpW), setzt sich für eine soziale Wohnungspolitik in Münster ein und fordert das Recht auf eine „Stadt für alle“. Gegründet wurde der Verein vor rund 30 Jahren von 57 Bewohner*innen der damals abrissbedrohten Häuser Breul 32 bis 38 und Tibusstraße 30a und 30b. Sie wollten den historischen Wohnungsbestand retten und hatten Erfolg, denn der Abriss wurde verhindert. Bis 1998 wurden ihre Häuser dann umfassend saniert.

Bernd Drücke (Mitte), Mitorganisator des Straßenfestes, wohnt schon lange am Breul.

„Es ist einfach toll hier am Breul und der Tibusstraßee zu wohnen. Für mich ist es das Wohnen der Zukunft“, schwärmt Dr. Bernd Drücke, langjähriger Bewohner im Wohnprojekt am Breul. Die Häuser entstanden Ende des 19. Jahrhunderts als für Arbeiterfamilien, die insbesondere im Kanalbau beschäftigt waren, Unterkünfte benötigt wurden. Die älteste Arbeiter*innensiedlung in Münsters Altstadt entwickelte sich dann ab 1989 zu einem Zentrum alternativen Lebens in der Domstadt.

„Hier wird Nachbarschaft und gegenseitige Hilfe gelebt. Die Bewohnerschaft konnte in den 1990ern den notwendigen politischen Druck erzeugen und den Abriss zugunsten eines Baulöwen verhindern“, erinnert sich Bernd Drücke, der selbst seit 1991 am Breul wohnt. Die Häuser wurden 1998 ökologisch saniert. Ein Blockheizkraftwerk im Keller erzeugt den Strom, eine Regenwasserrückhalteanlage ermöglicht, dass für die Klospülungen kein Trinkwasser, sondern Regenwasser genutzt wird. Aus dem ehemaligen „Schandfleck für Münster“ machten die Bewohner*innen ein Vorzeigeprojekt, das sogar vom Land NRW als ökologisches und soziales Modellprojekt mit einem Preis ausgezeichnet wurde.

„Das Breulprojekt fand auch den Weg in die Bücherwelt. In „ja! Anarchismus – Gelebte Utopie im 21. Jahrhundert“ berichtete 2006 ein Bewohner des Breul: „Zehn Jahre lang war unser Wohnprojekt abrissbedroht, die meisten Bewohnerinnen und Bewohner hatten – wenn überhaupt – nur Pseudountermietverträge, in denen uns gedroht wurde, dass die Häuser abgerissen werden und wir innerhalb von drei Monaten wieder ausziehen müssten. Wir haben uns erfolgreich gegen die Abrisspläne gewehrt, haben Straßenfeste, Benefiz-Konzerte, Demos, direkte gewaltfreie Aktionen organisiert und unsere Räumungsprozesse gewonnen. Aus einer ‚Zwangsgemeinschaft‘, die sich bilden musste, um sich gegen die Spekulanten zu stemmen, aus unterschiedlichsten Leuten ist eine Gemeinschaft von Freundinnen und Freunden gewachsen. Früher wurden wir von der Lokalpresse angegriffen als ‚Münsters Hafenstraße‘: ‚Dieser Schandfleck muss beseitigt werden.‘ Nach der Sanierung hat unser Verein zur Erhaltung preiswerten Wohnraums Preise für ökologisches und selbstverwaltetes Bauen bekommen. Von ‚Münsters Hafenstraße‘ zum Vorzeigeprojekt des Landes NRW.“

Selbst die Stadt Münster war schließlich zufrieden, wie aus einer ihrer Veröffentlichung hervorgeht. „Eine sozialverantwortliche Wohnungsversorgung, eine umweltgerechte Modernisierung und ein ressourcenschonendes Bestandsmanagement sind wesentliche Eckpunkte einer nachhaltigen Stadterneuerung. Mit dem inzwischen fertiggestellten Bauprojekt Breul 32 bis 36 und 38 strebt die Stadt Münster die Verbindung mehrerer Ziele einer nachhaltigen Stadterneuerung an:

  • ein preisgünstiges Wohnquartier in der Innenstadt zu erhalten und dabei
  • mit einer zeitgemäßen Instandsetzung der Gebäude (Sanierung der Gebäudehülle, Neuinstallation der gesamten Haustechnik),
  • Konzepte einer intelligenten und flexiblen Wohnnutzung (Anpassung der Wohnungsgrundrisse aus dem letzten Jahrhundert an die heutigen Ansprüche),
  • bei hoher ökologischer Qualität (umfassender Wärmeschutz, Nutzung von Regenwasser, Installation eines kleinen Blockheizkraftwerks),
  • in enger Kooperation mit allen Beteiligten, v.a. mit den Bewohnern, die sich bereits vor Beginn der Maßnahme in einem Verein zur Erhaltung preiswerten Wohnraums e.V.organisiert hatten,
  • zu vertretbaren Kosten (umfangreiche bauliche Selbsthilfe der Bewohner) umzusetzen.“
Die Stimmung der Gästen des Breulfestes war entspannt und positiv.

Bis spät in die Nacht wurde am Breul mit der Nachbarschaft und vielen befreundeten Organisationen gefeiert. Die LEG-Mieter*innen-Initiative war zumindest mit Flyern auf dem Breulfest präsent. Dafür gleich an zwei Ständen, denn sowohl am Infostand des Bündnisses „Münster gehört uns allen“ als auch bei der jungen Initiative „Bahnstadt Süd“ lagen Informationen der Mieter*innen-Initiative aus.

„Das Nieberding“ warb für das eigene Straßenfest am 7. September. Es steht unter dem Motto „Wohnraum erhalten“.

1 Kommentar

  1. Liebe Grüße, aber zum Fest wird nicht nur von den „Bewohnern“ eingeladen, sondern auch den Bewohnerinnen*. Vielleicht könntet ihr das bitte in Bewohner* innen ändern?! Danke, eine Bewohnerin des VzEpW

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