Barkenberg-Häuser kommunalisieren

Ihre knapp 2000 Wohnungen und ihre unbebauten Grundstücke in Dorsten, alle im Stadtteil Wulfen-Barkenberg, will das Düsseldorfer Aktienunternehmen LEG los werden. Dies wurde in der vergangenen Woche bekannt. Die Mieter*innen am Barkenberg sind natürlich aufgeschreckt und fürchten, dass die Häuser an einen Miethai, der lediglich auf kurzfristige Rendite und Ausbeutung der Mieter*innen aus ist, verkauft werden könne.

Der Stadt Dorsten ist der Kaufinteressent seit Oktober 2018 bekannt. Dorstens Bürgermeister Tobias Stockhoff, so die SPD Dorsten auf ihrer Webseite, wusste „sehr genau, was auf die vielen Menschen in Barkenberg, auf einen ganzen Stadtteil, für eine Gefahr zurollt. Der Bürgermeister hatte sich jedoch gegenüber dem börsennotierten Wohnungsunternehmen mit ca. 130.000 Wohnungen in ganz NRW und einem jährlichen Umsatz von rund 8 Mio. Euro zur strikten Vertraulichkeit verpflichtet und tatsächlich geschwiegen.“ Auch die LEG hält sich weiterhin bedeckt und will weiter im Geheimen und über die Köpfe ihrer Mieter*innen hinweg verhandeln.

Rita Zachraj, vom LEG-Mieterbeirat Berkenberg.

Aus dem noch immer existierenden Mieterbeirat wurde nun die Forderung laut, die LEG-Wohnungen zu kommunalisieren. „Die Stadt soll mithilfe des Landes unsere Siedlung kaufen und der Dorstener Wohnungsgesellschaft übergeben“, forderte Rita Zachraj vom Mieterbeirat gegenüber der Dorstener Zeitung. Es müsse „Schluss sein mit der Politik, die nur dafür sorgt, den Vermieter nicht zu verärgern.

Das Geld soll auch die CDU / FDP-Landesregierung in Düsseldorf zur Verfügung stellen; schließlich hat diese Koalition vor knapp elf Jahren auch die Häuser in Wulfen verkauft, die 1997 die Landesentwicklungsgesellschaft Nordrhein-Westfalen GmbH übernommen hatte.

Die Siedlung Wulfen-Barken ist eine klassische Fehlplanung, die allerdings wegen berühmter Architekten und seiner grünen, menschenfreundlichen Gestaltung der Gesamtanlage in die Stadtplanungsgeschichte einging. Noch im Oktober 2018 schrieb Fabian Paffendorf im Magazin „Coolibri“: „Die Bebauung des heutigen Dorstener Stadtteils Wulfen gehört zu den wohl spektakulärsten Projekten aus der Zeit der Montanindustrie.“

Vor acht Jahren investierte die LEG nach eigenen Angaben noch 1,1 Millionen Euro in die Modernisierung von Gebäuden im Surick und der Barkenberger Allee.

Da die geplante Großschachtanlage in Wulfen nie gebaut wurde und die Wulfener Zeche immer eine der kleinsten im Ruhrgebiet blieb, wurden Wohnungen für Bergleute gar nicht mehr in großer Anzahl gebraucht. An der landesplanerischen Idee einer „neuen Stadt“ wurde aber zunächst festgehalten, wenn auch in „abgespeckter“ Form. Die Landesregierung und die Entwicklungsgesellschaft Wulfen wollten mit der Bereitstellung von modernen Wohnungen in einer landschaftlich reizvollen Umgebung die Abwanderung von Menschen aus dem Ruhrgebiet und aus Nordrhein-Westfalen kompensieren. So kam es zu der Situation, dass die großen Wohnungsbaugesellschaften in Wulfen über viele Wohnungen verfügten, die zum Teil nur schwer zu vermieten waren, weil nahe gelegene Arbeitsplätze und eine gute verkehrsmäßige Anbindung an die Ruhrgebietsstädte schon immer fehlten, schrieb schrieb Reinhard Schwingenheuer in seiner Abhandlung „Neue Heimat in Westfalen? Zuzug von Migranten nach Dorsten-Wulfen zwischen 1960 und 2010 “. Er beschrieb auch die sozialen Spannungen im Stadtteil, in dem zunächst Spätaussiedler aus Rußland und dann Polen sowie in diesem Jahrzehnt auch Flüchtlinge sich geschlossen am Barkenberg ansiedelten.

Das LEG-Mieterbüro in Wulfen-Barkenberg.

„Ursprünglich war die Bebauung auf 30 bis 50.000 Menschen ausgelegt. Zur Zeit wohnen schätzungsweise 8500 Einwohner hier – mehr waren es wohl nie“, sagt Rita Zachraj, die mit anderen am kommenden Freitag (24. Mai) eine Infoveranstaltung für die Bewohner des Stadtteils organisiert.

„LEG – Wie geht es weiter?“, lautet der Titel der öffentlichen Informationsveranstaltung mit anschließender Diskussion, die am Freitag um 18 Uhr im Forum der Gesamtschule Wulfen (Wulfener Markt 2 in 46286 Dorsten) stattfindet. Im Mittelpunkt des Abends stünde die Frage, wie es nach der Ankündigung der LEG, sich von allen Immobilien und Grundstücken in Wulfen zu trennen, weitergehen kann. Unter anderen würde ein Vertreter der Stadt Dorsten auf dem Podium mitdiskutieren und Fragen beantworten.

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