Wenig Kooperationsbereitschaft

Vor 28 Jahren baute Günter Gabriel bei einer jungen Frau am Biederlackweg neue Fenster ein. Ein Auftrag für den mittlerweile 54-jährigen selbständigen Handwerker, der sein Leben veränderte, denn er blieb bei der Frau in der Wohnung und gründete mit ihr eine inzwischen fünfköpfige Familie. „Ich bin mit den neuen Fenstern geblieben“, lacht Gabriel.

2019 blickt Günter Gabriel erneut durch neue Fenster. Sie wurden im Auftrag des Vermieters LEG im Rahmen einer Modernisierung der ehemaligen Bundesbahnhäuser eingebaut. Zwar hat Gabriel immer noch einen liebevollen Blick auf seine Frau, aber durch die Fenster schaut er grimmig. Dies nicht nur, weil Schutzplanen seit Wochen die Sicht beeinträchtigen, sondern auch, weil die Modernisierung derzeit an seinen Nerven und zukünftig an seinem Portemonnaie zehren. Die Miete wird um satte 180 Euro steigen, wenn die Handwerker abgezogen sind.

Nicht nur LEG-Mieter Günter Gabriel leidet unter der Modernisierung am Biederlackweg.

„Wir wohnen gern hier. Meine Schwiegermutter nebenan war sogar eine der ersten Mieterinnen im damaligen Neubau“, verdeutlicht Günter Gabriel. Doch die laufende Modernisierung verärgert den 54-Jährigen: „Ich bin vom Fach, kenne mich also aus. Was hier aber abgeht, ist für mich unverständlich.“

Für insgesamt 3,64 Millionen Euro will die LEG am Biederlackweg modernisieren. Nur 1,13 Millionen gingen in Sanierungen, den überwältigenden Teil sollen die Mieter*innen dem Unternehmen mit erhöhter Miete zurückzahlen. Um möglichst viel auf die Mieter*innen umlegen zu können, informierte die LEG am 10. Dezember vergangenen Jahres über die in diesem Jahr stattfindenden Baumaßnahmen. Ein einfacher, aber profitabler Hintergrund für die unschöne Vorweihnachtspost für die LEG-Mieter*innen in Münsters Süden: durch die Zusendung in 2018 kann die LEG elf Prozent der angeblichen Modernisierungskosten auf die Mieter*innen umlegen. Wäre die Ankündigung in 2019 in die Briefkästen gekommen, wären es nur acht Prozent gewesen. Ein Zusatzprofit in Höhe von aktuell mindestens 75800 Euro für das Düsseldorfer Unternehmen.

Durchgeführt werden derzeit energetische Maßnahmen. So verschwindet der Klinker hinter weichem Styropor und dünnen weißen Verkleidungen. Die Fenster, Türen und Rollanden werden ausgetauscht. Zudem gibt es eine Gegensprechanlage für die Haustür und neue Briefkästen. Auch die Mieter*innenstellplätze sollen modernisiert und die Müllbehälter besser aufgestellt werden.

Der Klinker wird bald nicht mehr zu sehen sein.

Einige der Maßnahmen begrüßt Günter Gabriel ausdrücklich, aber es gibt auch Grund zur Kritik: „Teilweise sind es für uns keine Verbesserungen und teilweise wurden notwendige Sachen, wie zum Beispiel der feuchte Keller, die rostenden Wasserleitungen oder die sinnvolle Einrichtung von sicheren Fahrradunterstellplätzen auch für Pedelecs gar nicht ins Programm aufgenommen“, so Gabriel.

Günter Gabriel auf der Treppe der Feuchtigkeit im Fahrradkeller.

So verzichtet die LEG darauf, die feuchten Kellerwände zu renovieren. Dabei ist im Fahrradkeller die Feuchtigkeit so weit durch die Wand, dass die Treppenstufen außerhalb des Hause auf der Innenseite des Kellers zu sehen sind. Zudem führt die Feuchtigkeit an den Wasserleitungen, nur wenige im Keller sind aus Edelstahl, zu Verrostungen. „Wir haben ständig mit Rost im Trinkwasser zu kämpfen“, verdeutlicht Gabriel.

Die verrosteten Frischwasserzuleitungen, eindeutig eine Renovierungsmaßnahme, stehen nicht auf der Modernisierungsagenda der LEG.

Die Gabriels würden sich gern E-Fahrräder anschaffen. Diese sind allerdings zu sperrig, um sie in den Fahrradkeller zu bekommen. „Ich habe angefragt, ob wir auf eigene Kosten hinter dem Haus einen kleinen Fahrradschuppen aufstellen können. Erst hieß es, wenn wir ein medizinisches Gutachten beibringen, dass die Notwendigkeit eines solchen Rades begründet, sollte es möglich sein. Als die Expertise vorlag, gab es trotzdem eine Ablehnung“, erzählt Günter Gabriel. Dabei sei auch ein Grund gewesen, dass es eine Bevorzugung eines Mieters wäre. Auf die Idee, sich den heutigen Zeiten mit unzähligen Pedelecs in allen Haushalten anzupassen, kommt der Vermieter nicht. Platz genug wäre allemal am Biederlackweg, um zum Beispiel mietbare Fahrradboxen an den Häusern aufzustellen.

Streitobjekt Balkontür.

Besonders ärgert sich Günter Gabriel über das Ansinnen der LEG, im Rahmen der Modernisierung seine erneuerte Balkontür zukünftig nach innen aufgehen zu lassen. „Sie stände dann mitten im Raum“, so Gabriel, der aber diesen künstlichen Raumteiler nicht will. Unterstützt durch den Mieter/innenschutzverein will er diese Einschränkung seiner Wohnfläche unbedingt vermeiden. Er hat sogar schon die Polizei kontaktiert, da die LEG behauptet hätte, Balkontüren, die nach innen zu öffnen wären, wären einbruchsicherer. „Die Polizei teilte mir mit, dass es dazu keine belastbaren Erhebungen gäbe. Viel wichtiger seien allerdings Sicherheitsbeschläge. Die kosten zwar 70 statt 40 Euro, bringen aber tatsächlich etwas. Der Polizei war kein Einbruch durch Balkontüren mit Sicherheitsbeschlägen bekannt“, erläuterte der Mieter, der bereit ist, sowohl die erhöhten Kosten für Sicherheitsbeschläge als auch die höheren Kosten für die Balkontür, die nach draußen öffnet, aus eigener Tasche zu bezahlen.

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