220.000 kommunale Wohnungen

Karin Zauner-Lohmeyer berichtete aus der kommunalen Wohnungswirtschaft in Wien und diskutierte mit Mats Reißberg (l.) und Wolfgang Bensberg.

Auf Einladung der LEG-Mieter*innen-Initiative Münster besuchte Karin Zauner-Lohmeyer, leitende Mitarbeiterin der kommunalen Wohnungswirtschaft der Stadt Wien, am vergangenen Wochenende Münster. Am Donnerstagabend war sie in der Zukunftswerkstatt zu Gast, wo sie mit Mats Reißberg, Werner Szybalski (beide LEG-Mieter*innen-Initiative) und Wolfgang Bensberg (Bündnis für urbane Wohnformen) über die Übertragbarkeit von Erkenntnissen aus der viel gerühmten kommunalen Wiener Wohnungswirtschaft auf Münster diskutierte.

Die Infoveranstaltung im Video bei Münster Tube – Münster von unten. Herzlichen Dank an Lothar Hill.

Zunächst erläuterte Karin Zauner-Lohmeyer den Teilnehmer*innen die Situation in Wien, die der Stadt eine weltweite Vorbildfunktion für kommunale Wohnungswirtschaft mit bezahlbaren Mieten verschafft. 220.000 Wohnungen mit einer halben Million Mieter*innen werden in Wien kommunal verwaltet. Hinzu kommen rund 200.000 Wohnungen in genossenschaftlichem Besitz.

Jährlich werden von der öffentlichen Hand rund 10.000 Wohnungen neu gebaut. Selbst die privaten Investoren in Wien, die es natürlich auch gibt, sind verpflichtet, sechs von zehn neuen Wohnungen gefördert zu bauen, was den Mietpreis in der Donaumetropole mit 1,8 Millionen Einwohner*innen zusätzlich dämpft. Dieser liegt nach einem Bericht der Neuen Züricher Zeitung vom Mai diesen Jahres bei durchschnittlich sechs bis sieben Euro Warmmiete. Eine Durchschnittswohnung mit 80 Quadratmetern kostet also nur zwischen 500 und 600 Euro Warmmiete im Monat.

Der 1,2 Kilometer lange Karl-Marx-Hof wurde in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gebaut und schon 1930 wohnten rund 5000 Menschen dort. Er verfügt über gewaltige Freiflächen im Umfeld, denn nur 18 Prozent des riesigen Areals wurden bebaut. (Foto: © Bwag/Commons )

In Wien gibt es ungefähr eine Million Wohneinheiten. Davon gehören 33 Prozent dem privaten Wohnsektor an, 20 Prozent sind Genossenschaftswohnungen, 25 Prozent kommunale Wohnungen, 18 Prozent befinden sich im Eigentum und vier Prozent sind andere Wohnformen. Dabei sei hervorzuheben, so die Referentin, dass 45 Prozent des Wohnungsmarktes dem sozialen beziehungsweise leistbaren Wohnbau zuzuordnen sind, was wiederum einen preissenkenden Effekt auf den gesamten Wohnungsmarkt in Wien hat. Im Allgemeinen könne daher gesagt werden: „Wien ist eine Stadt der Mieter*innen, denn der mit Abstand größte Anteil des Wohnungsmarktes sind Mietwohnungen.“

Der Karl-Seitz-Hof wurde von der Stadt Wien in den Jahren 1926 / 1927 errichtet. (Foto: Anton Kurt)

Den Mehrwert des sozialen Wohnbaus in Wien verdeutlichte Karin Zauner-Lohmeyer an folgenden Punkten:

  • Soziale Sicherheit und finanzielle Berechenbarkeit durch unbefristete Mietverträge und leistbare Mieten.
  • Kommunale Initiativen fördern den sozialen und nachbarschaftlichen Zusammenhalt.
  • Die Senkung des Energieverbrauchs und die Aufwertung älterer Stadtteile durch geförderte Sanierungsprojekte.
  • Der soziale Wohnbau schafft und sichert tausende Arbeitsplätze.
  • Durch das Programm „sanfte Stadterneuerung“ werden Segregationsprozesse verhindert und Absiedlungen kompletter Wohnhausanlagen wegen notwendiger Renovierungen vermieden.
  • Der Zugang zum Wohnungsmarkt ist für mittlere und untere Einkommensgruppen gesichert.
  • Die Stadt bietet einen umfassenden Mieterschutz sowie vielfältige und kostenlose Beratungsangebote.
  • Keine überraschenden Preisanstiege, denn die Mieten entwickeln sich im Einklang mit dem Verbraucherpreisindex.
  • Umweltverträgliche Baumaßnahmen sichern ein gesundes Lebensumfeld und verbessern den Umweltschutz.
  • Der soziale Wohnbau sorgt für eine gute soziale Durchmischung in allen Stadtteilen und ist die Grundlage für eine hohe Lebensqualität in Wien.
Werner Szybalski forderte mehr sozialen Wohnungsbau.

In der Diskussion unterstrich Wolfgang Bensberg (Bündnis für urbane Wohnformen und Bündnis Münster gehört uns allen), dass natürlich die Wiener Verhälnisse nur in Ansätzen auf die Stadt Münster übertragbar seien. Trotzdem gäbe es allerdings viele Punkte, die auch in Münster von Bedeutung wären. Er verwies auf die langjährigen, bislang erfolglosen Bemühungen gemeinschaftliches Wohnen in Eigenbau umzusetzen, wie es zum Beispiel in Tübingen erfolgreich umgesetzt wurde. Werner Szybalski (LEG-Mieter*innen-Initiative) forderte mehr sozialen Wohnungsbau in Münster und eine Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit zumindest auf Landesebene.

Sozialer, kommunaler Wohnungneubau im Wiener Sonnwendviertel. (Foto: © Daniel TBS)

1 Trackback / Pingback

  1. Vorstand einstimmig bestätigt – Szybalski.de

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*