Widerstand ist möglich (und nötig)

Am Mittwochabend (7. August) fanden sich beim Monatstreffen der LEG-Mieter*innen-Initiative rund 50 Mieter*innen an der Bushaltestelle Lange Ossenbeck ein, um sich über die Möglichkeiten des Widerstands gegen die laufenden und anstehenden – aus Sicht vieler Mieter*innen überzogenen und teilweise unnötigen – rund 360 Modernisierungen in LEG-Häusern in Münster zu informieren.

Sabine Buschmann von der LEG-Mieter*innen-Initiative an der Korte Ossenbeck informierte erst den WDR und anschließend die Mieter*innen. (Screenshot: WDR Lokalzeit Münster)

Der Versammlungsort war gewählt worden, weil es erhebliche Kritik und Proteste von Mieter*innen an der Korte Ossenbeck, wo die LEG 64 Wohnungen vermietet, gibt. Die WDR-Journalistin Heike Zafar war aus diesem Grund mit einem Filmteam vor Ort. Der Beitrag aus dem Lokalstudio Münster des WDR kann in der Mediathek (ab 7:20 Minuten bis 10:20 Minuten) des Senders aufgerufen werden. Auch ein Text ist erschienen. Schon in der Vorwoche hatten wir die Probleme an der Korte Ossenbeck auf unserer Webseite öffentlich gemacht.

Rund 50 LEG-Mieter*innen informierten sich bei der LEG-Mieter*innen-Initiative, deren Mitglieder drei Stunden an der Korte Ossenbeck zur Verfügung standen. ( Screenshot: WDR Lokalzeit Münster)

Die Mieter*innen hatten zahlreiche Fragen bezüglich der Modernisierungsmaßnahmen:

  • Welche Möglichkeit bestehen, diese Maßnahmen grundsätzlich abzulehnen?
  • Muss ich bestimmte Modernisierungen dulden?
  • Wie genau muss die LEG vor den Maßnahmen die erwarteten Einsparungen bei energetischen Modernisierungen in Euro pro Wohnung mitteilen?
  • Wie kann ich und in welcher Höhe bei laufenden Modernisierungsmaßnahmen die Miete kürzen?
  • Woran kann ich Modernisierungen von Sanierungen unterscheiden?
Der Klinker verschwindet bei den energetischen Modernisierungen der LEG-Häuser in Münster hinter einer Styroporschicht, die zum Abschluss mit einer Verblendung versehen wird. (Foto: Werner Szybalski)

Energetische Modernisierung im mietrechtlichen Sinne sind bauliche Veränderungen, durch die in der Wohnung und/oder dem Wohnhaus der Energieverbrauch nachhaltig reduziert wird. Ebenso zu den Modernisierungen zählen Maßnahmen, wie die Reduzierung des Wasserverbrauchs der Mieter*innen, die Erhöhung des Wohnwerts der Wohnung oder die Schaffung zusätzlichen Wohnraums.

Mieterverein zu Hamburg im Deutschen Mieterbund (DMB)

Können Modernisierungen abgelehnt werden?

Mieter*innen müssen Modernisierungen grundsätzlich dulden. Nur wenn Mieter*innen sich auf Härtegründe berufen können, muss eine Interessenabwägung stattfinden. In diesem Fall muss zwischen den Mieter*inneninteressen und dem Interesse der LEG sowie der Energieeffizienz des Hauses und des Klimaschutzes abgewogen werden.

Die LEG muss spätestens drei Monate vor Beginn der Bauarbeiten die Modernisierung ankündigen und über Art und Umfang, den voraussichtlichen Beginn und die voraussichtliche Dauer der Modernisierungsmaßnahme die betroffenen Mieter*innen informieren. Auch die zu beabsichtigte Mieterhöhung und die voraussichtlichen künftigen Betriebskosten – sowie die erwarteten Energieeinsparungen – sind anzugeben. Dabei darf sich die LEG auf anerkannte Pauschalwerte berufen. Im Schreiben der LEG muss darauf hingewiesen werden, dass die Mieter*innen beim Vorliegen eines persönlichen Härtegrundes schriftlich – innerhalb des Folgemonats nach der Mitteilung – einen Einwand gegen die Modernisierung erheben können.

Dies ist möglich, wenn die Mieter*innen nur über ein geringes Einkommen verfügen und der sich zum Lebensunterhalt zur Verfügung stehende Betrag durch die Modernisierungs-Mieterhöhung spürbar verringern würde. Dieser Härtegrund führt seit einer Mietrechtsänderung jedoch nicht mehr zu einer Verzögerung der Baumaßnahme, führt auch nicht mehr zur Verzögerung der Maßnahmen, da finanzielle Härtefallprüfungen inzwischen erst nach Abschluss der Maßnahmen bei der Mieterhöhung berücksichtigt werden müssen.

Wie hoch kann die Miete angehoben werden?

Eine Mieterhöhung kann die LEG verlangen, wenn die Baumaßnahme zu einer nachhaltigen Wohnungsverbesserung oder Energie- beziehungsweise Wassereinsparung führt. Bei energetischen Modernisierungen ist eine Mieterhöhung aber nur dann gerechtfertigt, wenn durch diese tatsächlich Endenergie eingespart wird.

Die Miete darf gesetzlich auf jährlich höchstens acht Prozent – beziehungsweise bei Modernisierungsankündigungen durch die LEG vor dem 1. Januar 2019 um elf Prozent – der aufgewendeten Kosten, geteilt durch zwölf Monate, erhöhen. Dabei ist die Kappungsgrenze zu beachten! Die Nettokaltmiete darf gesetzlich innerhalb von sechs Jahren nicht mehr als drei Euro je Quadratmeter Wohnfläche betragen. Sofern die Miete unterhalb von sieben Euro je Quadratmeter liegt, darf die Miete infolge einer Modernisierung nur um zwei Euro innerhalb von sechs Jahren steigen. Diese Kappungsgrenze gilt jedoch nicht, wenn di LEG den Mieter*innen das Ankündigungsschreiben bis zum 31. Dezember 2018 zugestellt hat. Erhaltungsmaßnahmen (Renovierungen), auch wenn sie im Zuge einer Modernisierungsmaßnahme erfolgen, dürfen nicht zu einer Mieterhöhung führen!

Die LEG muss die Mieterhöhung nach einer Modernisierung, den Modernisierungszuschlag, in für die Mieter*innen verständlicher Weise berechnen und begründen. Die LEG muss erläutern, welche Kostenanteile aus Erhaltungsmaßnahmen (Renovierungen) resultieren und somit von den umlagefähigen Modernisierungskosten abzuziehen sind.

Die Mieterhöhung tritt frühestens mit Beginn des dritten Monats nach Zugang der Erhöhungserklärung ein. Hat die LEG die Erhöhung nicht ordnungsgemäß angekündigt oder übersteigt die tatsächliche Erhöhung die angekündigte um mehr als zehn Prozent, so verschiebt sich das Inkrafttreten um sechs Monate.

Können Mieter*innen Kosten geltend machen?

Bei Modernisierungen und auch Renovierungen entstehen nicht selten bei den Mieter*innen Kosten. Diese hat die LEG in angemessenem Umfang zu erstatten. Darunter fallen beispielsweise Kosten für Unterbringung, Verpflegungs-Mehraufwand oder Kosten für die Beseitigung von Dekorationsschäden. Mieter*innen können sogar einen Vorschuss verlangen. Folgende Beispiele listet der Hamburger Mieterverein auf seiner Webseite auf:

  • Neuer Badezimmer-Spiegel mit Konsole, da der bisherige Spiegelschrank aufgrund der neuen Heizungssteigeleitungen nicht mehr verwendet werden konnte (84 €).
  • Neuer Duschvorhang, da nach Einbau des neuen Duschbades der ursprüngliche nicht mehr passte (42 €).
  • Vollständige Renovierung des Wohnzimmers nach Entfernung der Nachtspeicherheizgeräte.
  • Neue Auslegeware als Ersatz für den durch die Bauarbeiten unbrauchbar gewordenen Fußbodenbelag in Wohnzimmer und Flur (472 + 100 €).
  • Neue Gardinen, da die vorhandenen infolge der neuen Heizkörper nicht mehr passen (124 €).
  • 25 Stunden Zeitaufwand für Reinigungs-, Räumungs- und Renovierungsarbeiten in Höhe von 7 € je Stunde (AG Hamburg-Barmbek, 810 C 83/06, Urteil vom 19.7.2006).
Einrüstungen können zu zehnprozentiger Mietminderung führen. (Foto: Werner Szybalski)

Kann bei laufenden Modernisierungen die Miete gemindert werden?

Baulärm und andere Belästigungen, die mit Bauarbeiten verbunden sein können, berechtigen die Mieter*innen bei energetischen Modernisierungsmaßnahmen in den ersten drei Monaten nicht mehr zur Mietminderung. Dies gilt ab Mai 2013 für alle Maßnahmen, durch die nachhaltig Endenergie eingespart wird. Die Beweislast für das Vorliegen einer die Minderung ausschließenden Maßnahme trägt die LEG. Bei allen anderen Modernisierungen im oder am Haus, bei Reparaturen und Instandhaltungen sind Mietminderungen dagegen möglich. Belästigte Mieter*innen sollten deshalb ein Lärmprotokoll führen, in dem der Bauverlauf und die Störungen aufgeführt sind. Es gibt leider keinen festgelegten Minderungsprozentsatz für Lärm beziehungsweise andere Mängel durch laufende Modernisierungsmaßnahmen. Das Amtsgericht Berlin hat bei Baustellenlärm auch des Nachts eine Minderung von 30 Prozent anerkannt. Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Miete um zehn Prozent gekürzt werden darf, wenn die Fassade des Wohnhauses eingerüstet ist.

Außerordentliche Kündigung bei Modernisierungsankündigung

Wie aus dem Halbjahresbericht der LEG hervorgeht, führen Modernisierungsankündigungen zum vorzeitigen Auszug von Mieter*innen. Tatsächlich dürfen Mieter*innen bei Ankündigung einer Modernisierungsmaßnahme das Mietverhältnis kündigen, selbst wenn eine Kündigung vertraglich ausgeschlossen ist. Die Kündigung muss nach Erhalt der Modernisierungsankündigung zum Ende des übernächsten Monats erfolgen, allerdings spätestens im Folgemonat der Ankündigung erfolgen.

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