Von der Stadt kommen bislang nur Lippenbekenntnisse

Über 120 Einwohner des Dorstener Stadtteils Wulfen-Barkenberg kamen auf Einladung des LEG-Mieterbeirates am Freitagabend (24. Mai 2019) im Forum der Gesamtschule Wulfen zusammen, um sich über den bevorstehenden Verkauf ihrer LEG-Wohnungen zu informieren. Eher zufällig war öffentlich geworden, dass die LEG Münster, von dort werden die Wohnungen in Dorsten verwaltet, den Immobilienbesitz der ehemals landeseigenen LEG in Barkenberg bald verkaufen wird.

MdL Hübner (vorn) stellte sich solidarisch an die Seite der vom Verkauf ihrer Wohnungen bedrohten LEG-Mieter*innen.
MdL Michael Hübner (vorn) stellte sich solidarisch an die Seite der vom Verkauf ihrer Wohnungen bedrohten LEG-Mieter*innen.

Viele Mieter*innen in Wulfen-Barkenberg, wie Rita Zachraj vom Mieterbeirat LEG Barkenberg eindrucksvoll beschrieb, befürchten, dass nun eine „Heuschrecke“ zum Zuge käme und die knapp 1200 Wohnungen zum Spekulationsobjekt verkommen. Dies wäre nicht nur für die leidgeprüften LEG-Mieter*innen in Barkenberg sondern auch für den Stadtteil und vermutlich sogar die Stadt Dorsten katastrophal. Die größte Wohnraumfehlplanung in Nordrhein-Westfalen, der Stadtteil Wulfen-Barkenberg, sei zwar „wunderschön“, wie der Fraktionsvorsitzende der CDU im Rat der Stadt Dorsten, Bernd-Josef Schwane, in der Versammlung unterstrich, doch ohne Siedlungsvereinbarung und begleitender Sozialmaßnahmen durch Stadt und Freie Träger könnten Teile der Siedlung beziehungsweise der Bewohnerschaft auch „explodieren“.

Obwohl der Bürgermeister der Stadt Dorsten, CDU-Mann Tobias Stockhoff, schon seid Ende 2018 über den geplanten Verkauf durch die LEG informiert war, unternahm die Stadt nichts, um die Mieter*innen und die Öffentlichkeit zu informieren. Offensichtlich wurden nicht mal die führenden Lokalpolitiker und Ratsfraktionen von der Verwaltungsspitze über die Absichten der LEG in Kenntnis gesetzt. Ohne die oben erwähnte Anfrage des SPD-Politikers und Landtagsabgeordneten Michael Hübner bezüglich eines erhofften Ankaufs einer kleinen Fläche von der LEG in Barkenberg durch Nachbareigentümer, wären die Bewohner der LEG-Wohnungen wohl erst nach dem Verkauf in Kenntnis gesetzt worden.

Daniel Eickmann-Gerland (l.) moderierte die Bürgerversammlung, in der Rita Zachraj vom Mieterbeirat LEG Barkenberg, der Technischer Beigeordnete der Stadt Dorsten, Holger Lohse, und der Landtagsabgeordnete Michael Hübner (r.) die Fragen der Mieter*innen beantworteten.

Der Mieterbeirates LEG Barkenberg ist gleich aktiv geworden, als der bevorstehenden Verkauf bekannt wurde. Sprecherin Rita Zachraj und ihre Mitstreiter*innen entwarfen sofort eine Unterschriftenaktion und sammelten Unterstützer*innen, die statt des Verkaufs der LEG-Wohnungen an den unbekannten Investor den Erwerb der Häuser durch die öffentlichen Hand fordern. Bis zur Bürgerversammlungen waren trotz der kurzen Zeit schon über 200 Unterschriften geleistet worden.

„Ich fordere den Rat und die Verwaltung der Stadt Dorsten auf, dafür zu sorgen, dass das Land NRW den LEG Wohnungsbestand in Barkenberg zurückkauft und der Dorstener Wohnungsgesellschaft überträgt.“

Forderung auf der Unterschriftenliste des Mieterbeirates LEG Barkenberg
Rita Zachraj, Mieterbeirat LEG Barkenberg

„Die LEG ist kein normaler Vermieter, mit dem Mieter einfach bestehende Probleme besprechen können. Schon jetzt sind Häuser verkommen lassen. Wir Mieter haben Angst vor einer neuen Heuschrecke, denn besser kann es dann nicht werden“, betonte Rita Zachraj, die forderte, dass das Land Nordrhein-Westfalen und die Stadt Dorsten die LEG-Wohnungen übernehmen soll. Diese aus Mieter*innensicht beste Lösung wiesen der Technischer Beigeordnete Holger Lohse und auch der Landtagsabgeordnete Michael Hübner zurück. Während Lohse die Stadt Dorsten einfach für unfähig hält, die Aufgabe 1200 Wohnungen zu managen („Dafür fehlt uns die Erfahrung.“), sieht Hübner bei der schwarz-gelben Landesregierung sogar entgegengesetzte Tendenzen („Die wollen noch weiter privatisieren. Als nächstes dürfte der Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes Nordrhein-Westfalen dran sein.“).

„Ich kenne keine Namen. Es soll ein renommiertes, solventes Unternehmen sein.“

Der Technischer Beigeordnete Holger Lohse erklärte, dass selbst die Verwaltungsspitze in Dorsten nicht wisse, welche große Investoren zukünftig das Sagen hätten.

In der vergangenen Woche habe es ein Gespräch mit der LEG, die inzwischen nahezu ihr gesamtes Verhandlungspersonal ausgewechselt hätte, gegeben, berichtete Holger Lohse, das es „eine starke Verjüngung bei der LEG“ gäbe. Klar wäre geworden, so der leitende Verwaltungsmitarbeiter: „Die Verkaufsverhandlungen stehen wohl kurz vor dem Abschluss.“ Mit Blick auf ein frisches LEG-Schreiben in der Hand von Mieterin Rita Zachraj zeigte sich Holger Lohse erfreut, dass die LEG sofort der städtischen Bitte nach Information der Mieterschaft nachgekommen sei. Zudem kündigte der Vertreter der Stadt Dorsten an, dass es am Mittwoch, dem 5. Juni, eine öffentliche Informationsversammlung geben werde, zu der LEG und Stadt gemeinsam einladen würden. Ziel der Stadt sei es, dass der neue Investor die Siedlungsvereinbarung übernehme.

SPD-Vertreter Michael Hübner zeigte sich über das aktuelle LEG-Schreiben verärgert: „Wulfen liegt in Deutschland! Warum verweist die LEG in ihrem Schreiben darauf, dass das deutsche Mietrecht gilt?“ Der Landtagsabgeordnete zeigte sich in der Versammlung sehr kämpferisch, allerdings auch verärgert. Er habe angeboten, bei den Gesprächen in Dorsten dabei zu sein. Zudem hätte er schon in der vergangenen Woche am Rande der Plenarsitzungen des Landtages Gespräche mit der zuständigen Ministerin oder sogar dem Ministerpräsidenten führen können. Aus der Vorschau der Landespresskonferenz verwies Michael Hübner auf zwei Termine: „Am Montag um 11 Uhr werden LEG-Kritiker vor dem Landtag eine Pressekonferenz abhalten und am Mittwoch werden sie um 9 Uhr in Flughafennähe vor der LEG-Hauptversammlung eine Mahnwache abhalten. Dafür brauchen sie jegliche Unterstützung.“

SPD-MdL Michael Hübner

„Es geht nur im Streit mit der LEG. Es geht nur mit öffentlichem Druck. “

MdL Michael Hübner stellt sich an die Seite der protestierenden LEG-Mieter*innen.

Rita Zachraj verwies darauf, dass der Mieterbeirat LEG Barkenberg bei beiden Terminen anwesend sein wird und den landesweiten Protest gegen den Konzern mitträgt. Mit den aktuellen Verkaufsabsichten für die Dorstener Wohnungen würde die LEG ihre Strategie der Profitmaximierung fortsetzen, verdeutlichte Zachraj, dass der Verkauf in Barkenberg ebenso wie der Neubau in Münster in 2018 und die aktuellen LEG-Bauvorhaben in Essen wesentliche Teile dieser Unternehmensstrategie der LEG seien.

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